Welchen Herausforderungen begegnet unsere Gesellschaft im Kontext des Klimawandels heute und in Zukunft?

Das Essay entstand im Modul Klimaverständnis ASL.

Mehr denn je ist die Gesellschaft mit dem Klimawandel und seinen Herausforderungen konfrontiert – die Extremwetterereignisse nehmen zu, man muss sich an diese anpassen und gleichzeitig den Klimaschutz in internationalen Verhandlungen rechtlich verbindlich verankern und lokal umsetzen. Dabei werden auch Gerechtigkeitsfragen aufgeworfen – wer kommt für die Schäden der vor allem von den Industrienationen in den letzten 100 Jahren ausgestoßenen Treibhausgase auf? Auch in der Planung stellt sich die Frage wie sich Klimaschutzpolitik räumlich konkretisieren und in konkrete Instrumente überführen lässt. Es zeigt sich wie der Klimawandel in seiner Gesamtheit, eingebunden in alle komplexen gesellschaftlichen, politisch-wirtschaftlichen Systeme diese zum Handeln herausfordert um größere Risiken, Gefahren und Umbrüche zu vermeiden.

Ein Blick zurück – die Veränderungen des Klima

Grüne Punkte zeigen die 30-Jahresmittel (flächengewichteter Mittelwert über die Kontinente) der neuen PAGES 2k-Rekonstruktion. Die rote Kurve zeigt die globale Mitteltemperatur laut HadCRUT4 Messdaten ab 1850. Dazu in blau der ursprüngliche hockey stick von Mann, Bradley und Hughes (1999) mit seinem Unsicherheitsbereich (hellblau) (Grafik Klaus Bittermann, CC-BY-SA 4.0)

Im Laufe der Erdgeschichte von mehreren Milliarden Jahren haben immer Veränderungen des Klimas stattgefunden. Warmzeiten wechseln sich mit kälteren klimatischen Zeiten ab. Um 1000-1100 war die letzte klimatische Warmzeit und 400 bis 500 Jahre später, zwischen 1500-1900 wird von der kleinen Eiszeit gesprochen. Das jeweilige Klima hatte immer positive wie negative Auswirkungen auf den Lebensalltag der Menschen, so sind aus der kleinen Eiszeit Gemälde wie das Jsvermaak („Eisvergnügen“) von Hendrick Avercamp bekannt. Es zeigt Menschen die sich auf den zugefrorenen Kanäle der der Niederlande aufhalten – ein Phänomen was heute eher selten passiert.

Jsvermaak („Eisvergnügen“) von Hendrick Avercamp (gemeinfrei)

Neu ist jedoch die Geschwindkeit mit der sich der klimatische Wandel vollzieht – der us-amerikanische Wissenschaftler Michael Mann und seine Kollegen publizierten 1999 das sogenannte „Hockeyschläger-Diagramm“ was mit seiner Veröffentlichung im offiziellen Bricht der IPCC für Aufsehen sorgte. Durch verschiedene Daten, unter anderem von Messstationen und Eisbohrkernen, zeichneten sie einen vergleichsweise gleichmäßigen Temperaturverlauf der letzten Jahrhunderte, während im 20. Jahrhundert mit Einsetzen der Industrialisierung und dem Verbrennen fossiler Rohstoffe die Kurve deutlich steiler nach oben anstieg. Diese Kurve zeigte das die Erwärmung zu großen Teilen auf den Menschen zurückgeht und wurde infolge dessen stark von industriefinanzierten Lobbyisten in Zweifel gezogen. Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen und Studien stützten jedoch die Ergebnisse von Mann und seinen Kollegen (vgl. Blasberg und Kohlenberg 2012; Rahmsdorf 2013b). Auch in den letzten Jahren setzt sich die globale Erderwärmung fort, von der anvisierten 2 Grad Grenze der Internationalen Gemeinschaft um die Auswirkungen der Erderwärmung zu begrenzen, sind bereits 1,2 Grad Erwärmung erreicht (vgl. World Meteorological Organization 2016; Brasseur, Jacob, und Schuck-Zöller 2017, 24). Die Prognosen der Wissenschaftler erwiesen sich rückblickend betrachtet als zutreffend.

Jährliche Globaltemperaturen 1850-2017: es zeigt den Anstieg um 1.35°C (Hawkins 2018)

Extremwetterereignisse – die Folgen des Klimawandels

Durch die Erwärmung der Ozeane und der Luft kommt es zu Veränderungen die, die Bildung des Wetters beeinflussen. Extremwetterereignisse, wie Unwetter mit Starkregen, aber auch Hitzewellen mit Dürre nehmen zu – wenn gleich aufgrund der langen Wirkungsketten eine direkte Verbindung von einzelnen extremen Wetterereignissen als Folge des menschenverursachten Klimawandels schwierig ist, so zeigen zahlreiche Untersuchungen deren Zunahme (ua. Brasseur, Jacob, und Schuck-Zöller 2017, Kap. 7, 2017, Kap. 10, 2017, Kap. 12). Bei Extremwetterereignissen kommt es neben hohen finanziellen Schäden, oft auch zu Todesopfern und Verletzten.

Niederschlags Anomalien im Juli 2018 (DWD 2018)

Die aktuellen Hitzewellen in Europa und anderen Teilen der Welt führt bei gleichzeitg ausbleibenden Niederschlag zu Dürre. Neben den allgemeinen Gesundheitsrisiko bei Hitze, sind vor allem Landwirte betroffen deren Ernte wesentlich schlechter ausfällt. So fordert beispielsweise der Deutsche Bauernverband eine Milliarde Euro finanzielle Unterstützung von den Ländern und vom Bund (Zacharakis und Stürzenhofecker 2018). Auch fördert die Trockenheit des Bodens und der Vegetation die Entstehung von Waldbränden. Insbesondere für die skandinavischen Länder sind die lang anhaltenden hohen Temperaturen und niedrigen Niederschläge mit den daraus resultierenden Bränden ungewohnt. Der Zivilschutz, insbesondere die Feuerwehr ist nur unzureichend auf die neuen Risiken vorbereitet (vgl. Wolff 2018). Als Grund für die Hitzewelle in Europa werden Veränderungen im sogenannten Jetstream, den Starkwindbändern in den oberen Luftschichten, debattiert und untersucht. Eine Hypothese ist das über den schwächeren Jetstream Hochdruckwetterlagen (und mit ihnen das sonnige heiße Wetter) längere Zeit vor Ort verharren anstatt östlich weiterzuziehen (vgl. Vaughan 2018; Schmitt 2018).

Weltweite Herausforderung – internationaler Klimaschutz & Klimagerechtigkeit

Um die Zunahme der Extremwetterereignisse und weitere Folgen zu vermeiden müssen die Treibhausgase weltweit reduziert werden. Insbesondere müssen diejenigen Länder ihre CO²-Emissionen reduzieren die pro Kopf am meisten ausstoßen. Das sind vor allem die Industrieländer wie die USA (16,8t), die europäischen Länder, Australien (16,2t) und viele mehr. Zusätzlich müssen die großen Industrie- und Schwellenländer wie China (6,7t) und Indien (1,7t) überzeugt werden, die zwar geringere pro Kopf Emissionen haben, dafür sehr große Bevölkerungen aufweisen und auf dem Weg sind den nicht nachhaltigen Lebenstil des Westens zu adaptieren („unstats | Millennium Indicators“ o. J.). Viele Inselstaaten sehen sich unmittelbar dem Steigen des Meerespiegels ausgesetzt und drängen – durch ihre geringe Bevölkerungsanzahl – kaum beachtet auf schärfere Klimaschutzziele. Kennzeichnend für die internationalen Verhandlungen ist die Diversität der Länder mit ihren unterschiedlichen sozial-wirtschaftlichen Interessen, zwischen denen auf den jährlich statt findenen UN-Klimakonferenzen ein Ausgleich gefunden werden soll.

Die Klimarahmenkonvention wurde auf dem UN-Umweltgipfel in Rio 1992 unterzeichnet. Sie enthält im zweiten Artikel folgende Zielsetzung:

Das Endziel dieses Übereinkommens und aller damit zusammenhängenden Rechtsinstrumente, welche die Konferenz der Vertragsparteien beschließt, ist es, in Übereinstimmung mit den einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird. Ein solches Niveau sollte innerhalb eines Zeitraums erreicht werden, der ausreicht, damit sich die Ökosysteme auf natürliche Weise den Klimaänderungen anpassen können, die Nahrungsmittelerzeugung nicht bedroht wird und die wirtschaftliche Entwicklung auf nachhaltige Weise fortgeführt werden kann.

UNFCCC 1992

Die genaueren Instrumente zur Umsetzung sollten auf den folgenden jährlich stattfindenen UN-Klimakonferenzen beschlossen werden. Auf der dritten Konferenz im japanische Kyoto wurde 1997 das sogenannte „Kyoto-Protokoll“ unterzeichnet. Kernelement ist die Verpflichtung von den meisten Industrieländern ihre Emissionen von 2008-2012 im Vergleich zu 1990 um 5,2 Prozent zu reduzieren. Die Europäische Union als Staatenverbund bot sogar 8% Reduktion an – erreichte 18,2%. Einige Staaten, darunter Norwegen und Kanada erfüllten nicht ihre Ziele oder ratifizierten das Protokoll gar nicht erst, wie die USA. Mit dem vorhersehbaren Ausklingen des Kyoto-Protokolls nach 2012 wollte die internationale Staatengemeinschaft ein neues Folge-Protokoll entwickeln. Diese Protokoll sollte mit der fünfzehnten und bisher größten UN-Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen werden – blieb aber weit hinter den Erwartungen zurück. Lediglich eine völkerrechtlich unverbindliche Bekenntnis zum 2 Grad Ziel wurde festgehalten und ein Jahr später offiziell anerkannt von den Vertragsstaaten (vgl. Kiyar 2013). Im Jahr 2012 einigten sich 38 davon auf eine Fortführung des Kyoto-Protokolls bis 2020 mit einer Reduktion von 18 Prozent im Vergleich zu 1990 (European Commision 2013). Mit dem Klimaschutzabkommen von Paris auf der 21. Konferenz sollte endlich ein Folge-Protokoll beschlossen werden was wieder Minderungsziele vorweist. Bestandteil des Vertrages ist ein Bekenntnis der 195 Staaten den Klimawandel auf „weit unter“ 2 Grad zu begrenzen sowie freiwillige Selbstverpflichtungen der Staaten in Hinblick auf CO²-Minderung. Diese Ziele sollen alle fünf Jahre überprüft und weiter verschärft werden. Zudem wird ärmeren Staaten finanzielle Unterstützung mittels des „Green Climate Funds“ zum Klimaschutz und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels versprochen. Viele lobten das Abkommen als neuen wichtigen Schritt in der internationalen Klimapolitik, es gab jedoch auch Kritik das die vereinbarten Schritte nicht ausreichen das Ziel von 2 Grad zu erreichen (vgl. „Report of the Conference of the Parties (COP21)“ 2016; FAZ.NET 2015; Arzt 2015). Am 1. Juni 2017 verkündigte der ehemalige Immobilienunternehmer und jetziger Präsident Donald Trump den Austritt der Vereinigten Staaten aus dem Abkommen unter dem Vorwand es würde der amerikanischen Wirtschaft schaden:

Offizielles Porträt (gemeinfrei)

(…) Thus, as of today, the United States will cease all implementation of the non-binding Paris Accord and the draconian financial and economic burdens the agreement imposes on our country. This includes ending the implementation of the nationally determined contribution and, very importantly, the Green Climate Fund which is costing the United States a vast fortune. (…) The Green Fund would likely obligate the United States to commit potentially tens of billions of dollars of which the United States has already handed over $1 billion — nobody else is even close; most of them haven’t even paid anything — including funds raided out of America’s budget for the war against terrorism.  That’s where they came.  Believe me, they didn’t come from me.  They came just before I came into office.  Not good.  And not good the way they took the money. (…)

Donald Trump 2017

Die Vereinigten Staaten hatten unter Vorgänger-Regierung Obamas insgesamt 3 Milliarden US-Dollar an Unterstützung dem Green Climate Fund zugesichert. Dies ist in Hinblick auf die hohen Pro-Kopf-Emissionen von CO², den gesamten Haushalt von ca. 4 Billionen Dollar und der Beiträge anderer Staaten alles andere als ein hoher Haushaltsposten (vgl. Green Climate Fund o. J.). Die von Trump getägten Aussagen sind schlichtweg falsch und unwahr. Der Austritt tritt gemäß dem Abkommen zwar formell ein Tag nach der nächsten Präsidentschaftswahl in Kraft – die Regierung unter Trump tritt aber gleichzeitig von vielen Politiken zurück die es ermöglichen die vereinbarten Ziele zu errreichen (vgl. Davenport und Rubin 2018). Viele andere Staaten, darunter Deutschland, Italien, Frankreich, Russland, Indien und China bekräftigen ihren Willen das Abkommen umzusetzen. So sagte der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang als Vertreter des Staates mit den zweithöchsten absoluten CO² Emissionen bei einem Besuch in Berlin:

Unsere Worte zählen, und unsere Taten müssen Erfolge habe. China wird zu seiner Verantwortung stehen.“ (vgl. „USA: Trump verkündet Ausstieg aus Pariser Klimaschutzabkommen“ 2017; Milman, Smith, und Carrington 2017)

French Foreign Minister Laurent Fabius – President of the COP21 climate change conference – raises his hands along with United Nations Secretary-General Ban Ki-moon and French President Francois Hollande on December 12, 2015, after representatives of 196 countries approved a sweeping environmental agreement during a multinational meeting at LeBourget Airport in Paris, France. (gemeinfrei, Bildbeschreibung vom US State Department)

Klimaanpassung – ein Baustein

Die jetzigen Maßnahmen im Klimaschutz reichen nicht aus um das 2 Grad Ziel zu erreichen – und auch weit vor dieser Grenze ergeben sich Folgen, an die der Mensch sich anpassen muss. Klimaanpassung ist im Vergleich zum Klimaschutz eine reaktive Maßnahme, d.h. eine Reaktion auf bereits die Folgen des Klimawandels. Da der Klimawandel bereits stattfindet, geht es weniger um ein „entweder Klimaschutz oder Klimaanpassung“ sondern vielmehr um ein sowohl als auch – während in den internationalen Verhandlungen und örtlich konkretisiert Schutzmaßnahmen die schlimmsten Folgen begrenzen sollten kann nicht darauf verzichtet werden sich an den bereits statt gefundenen Veränderungen anzupassen. Anpassungsmaßnahmen zielen darauf ab die negativen Auswirkungen, beispielsweise von Extremwettereignissen aber auch von statischen, lang andauernden Veränderungen, zu begrenzen. Je nach vorhandener Problemlage sind die Herausforderungen für die Anpassung der Städte örtlich sehr unterschiedlich – während Miami (USA) in seinen Küstenbereichen mit regelmäßigen Überflutungen Probleme hat, haben andere Städte wie Kapstadt (Südafrika) (Mahr 2018) mit der zunehmenden Hitze und Trockenheit zu kämpfen. Trotz der unterschiedlichen lokalen Herausforderungen finden sich weltweit betrachtet oftmals Städte und Regionen die sich vor ähnlichen Herausforderungen gestellt sehen. So ist beispielsweise der Anstieg des Meeresspiegels in Folge des Abschmelzen des polaren Eises nicht nur in Miami und den Küstenregionen Bangladeschs ein Problem, sondern auch in den Niederlanden. Aufgrund ihrer Geschichte als Land mit ca. einem Drittel unterhalb des Meeresspiegel kann die Niederlande diesen Ländern und Städte bei ihren Anpassungsmaßnahmen helfen und anleiten (vgl. Kimmelman und Haner 2017).

Klimaschutz und Klimaanpassung in der Planung

Sowohl Anpassungsmaßnahmen als auch vorbeugender Klimaschutz erfordern die lokale Umsetzung, insbesondere auch in der Planung und Bauleitplanung. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau von Baden-Württemberg hat im Jahre 2012 die Klimafibel mit Empfehlungen für die Bauleitplanung herausgegeben – diese umfassen unter anderem:

  • Erhalt und Gewinnung von Vegetationsflächen: Vegetationsflächen sind wichtig für das Klima, da sie die Lufthygiene verbessern, Flächen verschatten und Wasser aufnehmen können. Werden Flächen stattdessen versiegelt oder bleiben es ist ihre klimatische Funktionsfähigkeit stark eingeschränkt. In der Bauleitplanung können im Landschafts- und Grünordnungsplan Festsetzungen getroffen werden um klimatische Ziele zu erreichen und klimatisch relevante Gebiete zu schützen. Dabei können auch eingeschränkt Maßzahlen zur Taxierung des Nutzens verschiedener Grünflächen oder auch Dach- und Fassadenbegrünung helfen (vgl. Reuter und Kapp 2012, 193–217).
Beispiel für eine durchlässige Hangbebauung
(Reuter und Kapp 2012, S. 231)
  • Sicherung des lokalen Luftaustauschs:
    Grünes Freiland – darunter Wiesen, Felder, Brach- und Gartenland mit niedriger Vegetationsdecke – aber auch Waldgebiete produzieren in der Nacht Kaltluft. Diese produzierte Kaltluft kann als Frischluftzufuhr für Städte dienen und sie abkühlen. Voraussetzung ist das Kaltluftschneisen nicht durch Talverengungen, Dämme, Lärmschutzwände und vor allem durch größere Gebäude oder geschlossene Siedlungskörper behindert werden. Grünzüge in der Stadt gliedern das Stadtbild und halten bei geeigneten Einsatz die Frischluftbahnen frei (vgl. Reuter und Kapp 2012, 218–31).
  • Maßnahmen zur Luftreinhaltung: Das Stadtklima kann durch die Verringerung der Emissionen und der einhergehenden Reduzierung der Luftverschmutzung verbessert werden. Neben der Emission (Freisetzung), der Transmission (Ausbreitung) kann auch bei der Immission (Einwirkung) durch planerische Maßnahmen die Betroffenheit der Belastung vermindert werden. Neben der richtigen Standortwahl von Industrieanlagen sowie klassischen Emittenten (u.a. Müllverbrennungsanlagen, Mülldeponien und Kläranlagen) sind immissionsempfindliche Einrichtungen wie beispielsweise Krankenhäuser, Freibäder, Spielplätze und Altersheime besonders vor Luftschadstoffen zu schützen. Rechtliche Grundlage für Maßnahmen zur Luftreinhaltung ist insbesondere das Bundesimmissionsschutzgesetz und die „Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft“ zu nennen, als Instrument das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren. Im Bereich des Hausbrandes ist mit Stand 2012 ein Erdgas-Mini-Blockheizkraftwerk ein Kompromiss verhältnismäßig wenige Luftschadstoffe zu emittieren. Im Bereich des Verkehrs sind wichtige Maßnahmen die Herausnahme des Durchgangsverkehrs aus den Wohngebieten und die Förderung des Umweltverbundes (Fuß, Rad, ÖPNV), der keine bzw. wesentlich weniger Schadstoffe ausstößt (vgl. Reuter und Kapp 2012, 232–46).
Beispielhafte klimatische Untersuchung – Klimafunktionskarte Zweckverband Raum Kassel 2009
  • Planungsbezogene Stadtklimauntersuchungen:
    Bei Planungen können lufthygienische und meteorologische Untersuchungen das Finden von Lösungen wesentlich unterstützen. Dabei sollte beachtet werden das diese Untersuchungen zwecks Einholung geeigneter langfristiger Datenbestände und Messungen zusätzliche Zeit benötigen und daher rechtzeitig anzugehen sind. In Hinblick auf die eingeführte Strategische Umweltprüfung (SUP) ist bei raumbedeutsamen Planungen ein eigener Umweltbericht mit ggf. stadtklimatischen Untersuchungen notwendig (vgl. Reuter und Kapp 2012, 246f.).

Der Klimawandel als Bestandteil eines komplexen Systems


Wirkungsketten der Wechselwirkung zwischen Klima und Gesellschaft (Jürgen Scheffran in Brasseur, Jacob, und Schuck-Zöller 2017, 289, CC-BY 4.0)

Der Klimawandel wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus – Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Während die Auswirkungen auf Einzelsysteme mitunter bekannt sind, sind die Folgen und Rückkopplungen zwischen den einzelnen Systembestandteilen eher unklar. Örtliche Ereignisse können sich durch komplexe Wirkungsketten räumlich und zeitlich ausdehnen (vgl. Brasseur, Jacob, und Schuck-Zöller 2017, 288). So kann lang anhaltende Hitze und Trockenheit wie in weiten Teilen Europas im Juli 2018 nicht nur Ökosysteme, wie den Aasee in Münster kippen lassen (Werth 2018), sondern sorgt auch unmittelbar für wirtschaftliche Produktionsdefizite und Instabilität. Örtlich punktuell neu auftretende Ereignisse aber auch langsame schwerwiegende Veränderungen können gesellschaftliche Systeme unter Stress setzen und zu Gewalt führen – oder wie andere Forscher nahe legen zu Problemlösungen durch Kooperation und Innovation (vgl. Brasseur, Jacob, und Schuck-Zöller 2017, 292). Ob aus den Folgen des Klimawandels entstehende Probleme und Knappheitslagen zu Gewalt führen hängt im Wesentlichen davon ab wie die Gesellschaften auf diese reagieren und welche Anpassungskapazitäten und institutionellen Strukturen es gibt. Für Europa ergeben sich Spannungen bei den territorialen Ansprüchen und um die durch die hohen Temperaturen freigesetzten Ressourcen der Arktis. Für Deutschland sind auch Umbrüche in entfernten Regionen bedeutsam wenn diese humanitäre Hilfe erforderlich machen und Migrationsbewegungen auslösen. Trotz der vorhandenen Unsicherheit bei Bewertung der komplexen wechselseitigen Beziehungen sollten Entscheidungen mit dem Ziel Systeme unter der Nutzung von Selbstorganisation zu stabilisieren (vgl. Brasseur, Jacob, und Schuck-Zöller 2017, 292).

Zusammenfassung

Der Klimawandel stellt die Menschheit vor vielfältige Herausforderungen in nahezu allen gesellschaftlichen, politisch-wirtschaftlichen Bereichen. Darunter fallen – in diesem Essay ausschnittsartig vorgestellt – Herausforderungen in der internationalen Klimapolitik mit ihren unterschiedlichen Interessen, Herausforderungen durch die vermehrt eintretenden Extremwettereignisse und nicht zuletzt auch in der lokalen planerischen Umsetzung von Klimaschutz und Klimaanpassung. Hier hören die Herausforderungen aber bei weiten nicht auf – wie wird die Notwendig einer Veränderung durch den Klimawandel kommuniziert, sodass sie lokal akzeptiert und umgesetzt werden kann? Wie ist die Einflussnahme von bezahlten Lobbygruppen, die den Klimawandel entgegen des wissenschaftlichen Konsens leugnen, einzustellen? Wie kann die Welt einen Ausgleich in ihren Interessen erreichen, der für alle Staaten fair ist?

Der Klimawandel erfordert die Kooperation der Staaten weltweit, nicht nur im eigenen Interesse um den eigenen (nicht nachhaltigen) Wohlstand zu schützen sondern vor allem im gemeinschaftlichen Interesse in Hinblick auf die gemeinsamen Lebensgrundlagen. Ebenso erfordert der Klimawandel – gerade wenn Staaten und übergeordnete Ebenen nur ungenügende Schritte hinsichtlich Klimaschutz und Klimaanpassung unternehmen oder sogar Klimaschutzabkommen verlassen – umso mehr Aktivität auf den unteren Ebenen: Regionen, Städte, Viertel und Einzelpersonen. Im Zuge der Entscheidung von Trump das Klimaabkommen von Paris zu verlassen bekräftigen viele Staaten, aber auch 13 US-Bundestaaten und ca. 7.400 Bürgermeister von Städten weltweit die Einhaltung der gefassten Zielen (vgl. Boffey 2017; U.S. Climate Alliance 2018). Nicht zuletzt Studierende der Planung, sei es Architektur, Stadt- und Regionalplanung, oder Landschaftsplanung können einen wichtigen Beitrag dazu leisten das Klima durch präventive Maßnahmen zu schützen und die Häuser, Viertel und Städte an die Folgen des Klimawandels anzupassen. Die Herausforderungen, die dabei auftreten, bieten die Chance eine resiliente und zukunftsfähige Gesellschaft zu entwickeln.

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